Kuhmilcheiweißallergie Interview

 Bei einer nachgewiesenen Allergie auf Kuhmilcheiweiß sind Milch und alle daraus gefertigten Produkte tabu.
Da Milch, Käse, Sahne und Co. jedoch wesentliche Bestandteile des regulären Speiseplans sind, ist das oft nicht leicht. Das Problem ist jedoch nicht nur kulinarischer Natur. Gerade bei Kindern, die von einer Allergie auf Kuhmilch sehr häufig betroffen sind, ist es wichtig, dass die Versorgung mit Kalzium gesichert ist. Wie ersetzt man Milch im Speiseplan? Wie sorgt man für eine ausreichende Kalziumversorgung? MeinAllergiePortal sprach mit Dipl. Oec.troph. Heike Meier, Praxis für Ernährungstherapie in Tönisvorst.

Frau Meier, was empfehlen Sie als Alternative zur Kuhmilch, auch im Hinblick auf eine ausgewogene Ernährung?

Für Säuglinge stehen stark hydrolysierte Nahrungen zur Verfügung. Diese Milchnahrungen sind nur auf Verordnung und nur in Apotheken erhältlich und die darin enthaltenen Proteine sind so stark aufgeschlossen, dass eine allergene Wirkung ausgeschlossen ist. Wichtig zu wissen ist, dass hypoallergene Nahrungen, sogenannte HA-Nahrungen, für kuhmilchallergische Kinder nicht ausreichend sind. Hypoallergene Nahrungen eignen sich nur für allergiegefährdete Kinder, bei denen man aufgrund der Familienanamnese befürchtet, dass sich eine Allergie entwickeln könnte, nicht jedoch für Kinder, die bereits eine Kuhmilchallergie haben.

Bei älteren Kindern geht es darum, bei der Einführung der Beikost alle Milchprodukte wegzulassen. Dafür kann man alle Speisen, die normalerweise mit Milch zubereitet werden, z.B. mit einer Reismilch, einer Mandelmilch oder einer Hafermilch zubereiten. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Produkte mit Kalzium angereichert sind, denn gerade in der Wachstumsphase von Kindern sollte darauf geachtet werden, dass ausreichend Kalzium aufgenommen wird.

Heißt das, dass die mit Kalzium angereicherten Milchersatzprodukte für die Kalziumversorgung von Kindern mit Kuhmilchallergien ausreichen?

Allein die Verwendung von kalziumangereicherten Produkten reicht nicht aus, um kuhmilchallergische Kinder ausreichend mit Kalzium zu versorgen. Eine ausreichende Kalziumversorgung lässt sich jedoch durch eine ausgewogene Ernährung erreichen. Dabei spielt auch die biologische Wertigkeit der Eiweiße, die das Milcheiweiß ersetzten sollen, eine Rolle.

Welche Rolle spielt die biologische Wertigkeit des Milcheiweißersatzes für Kuhmilchallergiker?

Bei der biologischen Wertigkeit der Nahrungsmittel, die das Eiweiß aus der Milch ersetzen sollen, geht es darum, wie gut dieses Eiweiß in körpereigenes Eiweiß umgewandelt werden kann.

Ein Beispiel: Bei den Hülsenfrüchten ist es sinnvoll, ein Gericht, das aus Bohnen, Erbsen, Linsen oder Kichererbsen besteht, mit geröstetem Sesam, Mais oder Getreide zu kombinieren. Ein klassischer Eintopf aus Bohnen und Linsen mit Vollkornbrot ist hier z.B. eine gute Kombination. Ebenso ist es sinnvoll, im Müsli Haferflocken mit Haselnüssen zusammen zu verzehren. Außerdem empfehle ich bei Kuhmilchallergie immer, kalziumreiche Nahrungsmittel zu verzehren und kalziumreiches Mineralwasser zu trinken.

Welche Nahrungsmittel sind denn reich an Kalzium und empfehlenswert für Kuhmilchallergiker?

Reich an Kalzium sind z.B. Vollkornbrot, Graubrot und Haferflocken, Broccoli, Grünkohl, Blattspinat und Ruccola. Auch Hülsenfrüchte, Sesam und Haselnüsse enthalten reichlich Kalzium Dabei muss man beachten, wieviel von einem Nahrungsmittel normalerweise verzehrt wird. Doch auch wenn man z.B. nur ein wenig Sesam über eine Speise streut, ist diese kleine Menge dennoch eine gute Ergänzung Deshalb ist es so wichtig zu wissen, welche Nahrungsmittel man wie kombinieren muss, um auch die biologische Wertigkeit zu erhöhen. In der Regel prüfe ich mit meinen kuhmilcheiweißallergischen Patienten zusammen deren normalen Speiseplan, um zu sehen, wie der aktuelle Stand der Kalziumaufnahme aussieht. Zusammen mit einem Ernährungsprotokoll ist dies die Grundlage für weitere Empfehlungen, falls dies nötig ist.

Zurück zu den Ersatzmöglichkeiten für Milchprodukte, wie ersetzt man z.B. Käse?

Wenn Patienten mit Kuhmilchallergie großen Wert auf Käse als Brotbelag legen, empfehle ich auf vegane Ersatzprodukte zurückzugreifen – hier gibt es eine Fülle an Produkten auf Nuss- und Mandelbasis.

Dabei sollten die Patienten allerdings auch beachten, was auf der Zutatenliste steht. Wenn zu viel Fett, Salz, Zucker oder Zusatzstoffe enthalten sind, sollte man lieber Abstand nehmen. Am besten ist es, wenn sich die Patienten zunächst einen Überblick verschaffen, was angeboten wird und was ihnen zusagen würde und dann die jeweiligen Zutatenlisten mit dem Handy fotografieren, denn so kann man die geeigneten Produkte gemeinsam besprechen und auswählen. Das Positive an dieser Vorgehensweise ist, dass die Patienten dabei auch lernen, die Zutatenlisten richtig zu lesen.

Und wie kann man bei einer Kuhmilchallergie Sahne ersetzen?

Sahne soll ja auch den Fettgehalt der Speisen erhöhen. Als Ersatz für Sahne eignen sich deshalb Produkte auf Sojabasis. Auf Basis von Soja, aber auch auf Haferbasis, gibt es mittlerweile viele Produkte mit einem höheren Fettgehalt, die als Ersatz für Sahne sehr gut einsetzbar sind.

Auf Sojabasis gibt es übrigens auch abgepackte Eiscreme, was bei einer Kuhmilchallergie oft weniger problematisch ist, als der Besuch einer Eisdiele.

Was macht das Eis aus der Eisdiele für Kuhmilchallergiker problematisch?

In regulären Eisdielen werden oft auch Fruchtsorbets angeboten, die keine Milch oder Milchprodukte enthalten. Durch Eisportionierer, die sowohl beim Milcheis als auch bei den Fruchtsorbets zum Einsatz kommen, besteht jedoch eine hohe Kontaminationsgefahr. Dann ist zwar laut Rezept das Fruchtsorbet frei von Milchprodukten, aber dennoch kann Milcheis in das Sorbet geraten und bei Kuhmilchallergikern zu allergischen Reaktionen führen.

Frau Meier, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

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